Blickwinkel

Ein Blick auf ein Bild, das eine bestimmte Situation zeigt:

Mit dem Eintauchen in die Tiefen der Systeme und die Weiten der Strukturen ist es wie mit dem Eintauchen in die Tiefen der Weltmeere: mit dem Absinken schwindet Meter um Meter das Licht, in der Tiefendämmerung geht Ich allmählich seiner Orientierung verlustig, Ich verliert den Überblick, den Durchblick, den Weitblick. Wo kein Licht, da weiß Ich nichts. Mit dem Wachsen der Unmittelbarkeit und der Selbstüberlassenheit erscheinen oberflächliche Systeme zunehmend unschärfer, Strukturen ziehen sich zurück.

 

Im Hinabtauchen in die Dunkelheit geschieht es wie im Hineindenken in eine Logik:

  • Die Konsequenz, eine Entscheidung zu treffen, ist enorm. Sie lässt sich nicht zurücksetzen.
  • Die Konsequenz, eine Entscheidung nicht zu treffen, ist ebenso enorm. Sie lässt sich ebenso nicht zurücksetzen.
  • Jede Entscheidung läuft konsequent in lebendige Strukturen.
  • Die Zeit löst sich auf. Der Raum dehnt sich aus.

Ein anderer Blick:

Systeme und Strukturen sind Überlebensvoraussetzungen. Sie sind permanente Bedingungswelt, sowohl evolutionär hervorgegangen, ent-wickelt, als auch pragmatisch funktional generiert, dienen sie uns allen (und nicht nur uns, sondern allem Leben) zur Orientierung, sie lenken uns, sie legen uns fest, sie sind die Grenzen, innerhalb derer wir uns so und so kreativ bewegen – so physikalisch, chemisch, biologisch, wie kommunikativ und bewusstseinsbildend oder eine Kombination von alledem – und sie sind Grenzen, innerhalb derer wir geboren werden und uns als lernfähige Organismen organisieren, leben, sterben.

Was mich vor Systemen und Strukturen vor allem aber vor der Terminologie, in der sie je und je beschrieben werden, zurückschrecken lässt, ist die Interdependenz, die komplexe Verwobenheit, das Überlappende, das Ineinandergreifende, wodurch sich immer neue Fragen aufwerfen und sich neue Techniken, neue Systeme, neue Strukturen sowohl entdecken, als auch generieren lassen.

So zeigt sich mittlerweile eine ganze Industrie äußerst profitabel, die diesen “Bedarf an Funktionen” bedient. Das lässt einen fürchten oder zumindest lässt es mich skeptisch und fragend zurück.

Zahllose Beispiele, womit ich es hier belassen möchte, finden sich unter folgenden Schlagwörtern und die an sie geknüpften Fortführungen: System (Begriffserklärung), Systemtheorie, Strukturontologie, Strukturalismus, usw.

Was in derart Logik übrig bleibt, ist eine Frage: Tauchen oder besser nicht Tauchen?

 

Zitat: „Die Welt als lebendige Struktur“ Heinrich Rombach

“Die Wirklichkeit ist kein totes Sein, sondern lebendiges Geschehen mit einer Gesamtintention und einem offenen Gesicht. So sieht sie den Menschen an und so blickt der Künstler zurück. Die Wirklichkeit ist eine Weise von Ich und verlangt darum eine ebenso lebendige Antwort des Menschen. Nicht nur des Menschen, alles antwortet und bezeugt daher auch das Leben des Ganzen und seinen Gesamtanspruch. Das Gesicht dieses lebendigen Seins ist jedoch nicht gegenständlich zu fassen, aber es prägt sich konkret in allem Seienden aus. Die Konkretion ist nicht leicht zu erfassen, und darum ist es für Alles nicht leicht zu leben. Jedoch hilft sich Alles dabei, und der Mensch, der sich diesem Gesamtgeschehen nicht öffnet, findet auch seine Antwort nicht. Wer sie aber findet, in dessen Leben erwacht das Ganze des Seins. Dass dies so ist, haben überall die Religionen gefragt und bezeugt. Darum gehören die Religionen zum Wirklichkeitsgeschehen im Ganzen, und sie versuchen dafür auch im Leben des einzelnen Menschen, einen Zugang zu öffnen und eine Empfindung zu schaffen. Die Strukturontologie will diesem sinnvollen Gesamtgeschehen einen Ausdruck und eine Wirklichkeit geben. Wohl dem Menschen, der dieses Ereignis zu empfinden und zu erleben vermag.”

 

Ein weiterer Blick:

Alle Bewegungen (lebendige Begegnungen) geben mir Gelegenheit zur Selbstreflexion und zum Eingeständnis meines Unwissens und meiner Unsicherheiten. Dies geschieht mittlerweile aufgrund des fortgeschrittenen Alters in Demut und Dankbarkeit. Nur in Bewegtheit und Begegnung darf ich meine Orientierungen, Haltungen und Wesenheiten weiterentwickeln. Meine Bemühungen, diese Eigenschaft wach zu halten, werden erst mit meinem Tode erlöschen.

Nun versuche ich hier, aus unterschiedlichen Blickwinkeln lediglich anzudeuten, welches Wissen mir (und beim Gelingen auch Ihnen) in wichtigen Gesprächen und bedeutungsvollen Begegnungen einen sicheren „Stand“ verschafft und welches nicht. Und bemerke dabei: sicher ist ein Stand nur in Offenheit, je deutlicher dieser Charakterzug herausgelebt wird, desto unsicherer werden wir; sollte man meinen. Das ist aber grundsätzlich falsch. Die hier gemeinte Offenheit meint eben nicht jene formale Toleranz, in der wir anderen üblicherweise begegnen, sondern diejenige, die uns den mutigen Gang in Identität, Betroffenheit und Verletzlichkeit öffnet und in der uns Offenbarung geschieht, gegebenenfalls bis ins Innerste. Sicher kann also ein Stand nicht sein, er steht ja auch still, Stillstand kann nicht sein, wo es hier doch um lebendige, oft äußerst dynamische Prozesse geht. Genese geschieht durch Einbruch, Findung und Durchbruch hindurch in die Eigengestalt, die Eigentypik, die Authentizität und die Idemität.

Bemerkungen zu meiner persönlichen Haltung:

Es ist mir ein zentrales, fortlaufendes Anliegen – beruflich wie privat -, den Versuchungen zu widerstehen, die mich in eine bequeme Verengung, gar „Routinierung“ meiner Sichtweisen verführen oder entführen könnten. Das entspräche einer Total-Ermüdung, die sich womöglich aus einer situationsspezifischen (interpretativen) Distanzierung von akuten Problemen meiner Klientel (oder des täglichen Lebens) ergeben könnte, oder aus einer heimlichen Resignation, die sich hinter der Apperzeption beliebiger Methoden versteckt, sich hinter meinem Rücken einschleicht und in deren routinemäßiger Anwendung ich meinem Gegenüber Souveränität und Sicherheit suggerierte.
Eine solche Versuchung drohte auch, zöge ich mich, (diese Praxis kam mir häufig durch Klienten zu Ohren, die von ihren bisherigen, vor allem therapeutischen Erfahrungen berichteten) hinter die vernichtende Aburteilung irgendeiner erfolglosen Anwendung einer Kollegin oder eines Kollegen zurück und preiste die meine als Allheilmittel an.
Ich bin also ausdrücklich bestrebt, meine individuellen Beurteilungen und die daraus resultierenden individuellen Abgrenzungs- und Profilierungsmöglichkeiten auf keinerlei Art und Weise zu einer Bevorteilung einzusetzen und in jedem neuen Fall ganz neu, von Vorn zu beginnen.
Mein Ziel ist es, einen (pädagogisch) strukturontologischen Ansatz voranzubringen und zwar in der Weise, dass er in seiner lebendigen Umsetzung dauerhaft erlebbar bleibt. Als all-umfassende, raum-schaffende, präsentative, dialogische, interaktive und sonst mögliche Handlung sollte dieser Ansatz sozusagen im “vorderen, aktiven” Bewusstsein aus-getragen werden.
Hierbei orientieren wir uns natürlich an der E+Analyse, die in eigener Abteilung vorgestellt wird.
Andere naturwissenschaftliche Diskussionsfolien, wie beispielsweise aus dem Gebiet der Logik und Kognition, sind insofern von Nutzen, als dass sie einen Aufweis ihrer Unzulänglichkeiten vorstellen.

Beispiel

Beim naturwissenschaftlichen Ansetzen

versuche ich vor allem, das gemeinsame Ziel naturwissenschaftlicher Absichten zu formulieren. Ich bin sozusagen vorauslaufender Wissen-Suchender. Wir alle und jeder für sich waren und sind Antriebe aller denkbaren Errungenschaften. Alle diese vorwärtsdrängenden Absichten und Handlungen bedeuten bei allem Nutzen, den sie versprechen, aber immer auch Ein- und Angriffe auf unser freiheitliches, individualistisches, vielfältiges, humanitäres Menschenbild. Allgegenwärtig regulieren und lenken sie, ja diktieren sie unsere alltäglichen Lebensabläufe. Denken wir nur an die rote Fußgängerampel, die uns das Gehen untersagt. Wir warten geduldig an dieser übersichtlichen Kreuzung, obwohl weit und breit kein Auto in Sicht ist.

Im Systemischen Ansatz

werde ich die Systemtheorie und die ihr entspringenden systemischen Variationen in den gängigen methodologischen Facetten aufreißen, die in das Grundverständnis aller Beistand und Gespräch stiftenden Bemühung einfließen sollten.

In phänomenologischen Denkweisen

finde ich eine Vielzahl von Überlegungen, die metaphysische Erscheinungen, differente Wirklichkeitsauffassungen oder Wirkzusammenhänge meiner Erkenntnis und meinem Bewusstsein zuführen wollen, die jedoch naturwissenschaftlich nicht oder noch nicht zu klären sind. Die entzaubernden Kräfte, wie sie in der Erkenntnistheorie, den Kognitionswissenschaften und den Systemwissenschaften geradezu totalitär frei werden, standen nie im Fokus dieser Absichten. Ich gedenke, eine nicht erklärende vielmehr fragende Brücke zu schlagen, zum notwendig aufkommenden Neo-Mystizismus.

Der E+ Ansatz

ist ein Empowerment-Versuch, möglichst alle Wirkzusammenhänge aus den methodologischen Erklärungsverengungen zu entfesseln und in ein kraftstrotzendes Gebiet der Neospiritualität frei zu lassen. Dieser (meinen existenzorientierten, sicherheitsbedürftigen Verstand verblüffende) Raum bildet in seiner weitesten Struktur a- oder pantheistische transzendentale Raster aus, denen es sich lohnt, nachzugehen.

Literatur

Rombach, Heinrich, Strukturanthropologie, „Der menschliche Mensch“, Alber 2012
Reckwitz, Andreas, Die Gesellschaft der Singularitäten, Suhrkamp 2017
Watzlawick, Paul, Wie wirklich ist die Wirklichkeit, Pieper 2005, wurde 2019 neu aufgelegt